Freitag, 18. Dezember 2009

Angekommen

Nun sind die ersten zwei Wochen vorbei.
Inzwischen habe ich das Zimmer bezogen in dem ich die nächsten 6 Monate wohnen werde. Die erste Woche habe ich im Gästehaus von MSF verbracht da das "Fieldhouse", so genannt weil die Expats (internationale Mitarbeiter) vom "Field" hier wohnen, voll war.
Wir wohnen hier zu dritt: eine australische Pharmazeutin, eine tamilische Infection Control Nurse (auf Deutsch glaube ich Fachkraft für Hygiene oder Infektionskontrolle) und ich.

Draussen ists kalt, sehr nass und stürmisch. Durch den Wind hört man das Freitagsgebet von den Minaretten der Moscheen, mal lauter und mal leiser je nachdem wie stark der Wind grad weht. Auch hier ist die Moderne eingezogen - es steht kein Sheikh (hier werden die Imame Sheick genannt) auf dem Minarett sondern ein Lautsprechen und das Gebet wird zentral gesteuert. Durch die Hügel - Amman liegt auf bzw zwischen 19 Hügeln - und die Verzögerung mit der der Klang von den vielen Minarette hier eintrifft hallt das sehr. So liegt dann fünfmal am Tag ein Gebets-Klang-Teppich über der Stadt der heute noch gelegentlich vom Heulen des Windes unterbrochen wird.
Man gewöhnt sich an die Gebetsrufe - ich nehme sie meistens als Gelegenheit um kurz in der Arbeit innezuhalten und durchzuatmen - in Deutschland haben sie mir sogar gefehlt, sie geben dem Tag auch eien Struktur und man (ich zumindest) hechelt nicht so von morgends bis abends der Arbeit hinterher.

Gestern Abend haben wir unsere bisherige "medical director" (sozusagen die Chefärztin der Klinik) verabschiedet, eine Flämin. Ihr Nachfolger kommt aus Wien was die Kommunikation für mich sehr vereinfachen wird. Ansonsten sind im Team noch mehrere Franzosen, eine Abrasierin, ein Armenier, eine Russin, eine Deutsche (mal abgesehen von mir), Iraker, Jordanier und (in Jordanien lebende) Palästinenser. Ach ja - unsere Köchin kommt aus Sri Lanka.
Ein - was die Nationalitäten betrifft - sehr bunt gemischtes Team also, wodurch ich nicht nur die jordanische Kultur kennenlernen kann sondern noch viele andere. Die Kommunikation ist dadurch nicht immer einfach. Natürlich sprechen alle Englisch, aber es hat doch jede Kultur ihre Eigenarten und so kann es schon sein daß manches sehr unterschiedlich gewertet und interpretiert wird.
Wir Deutschen sind übrigens als sehr gut organisiert und als wahre Arbeitstiere bekannt -und gefürchtet - nun, man wird sehen.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Welcome in Jordan

die Hauptstadt Jordaniens wird nun meine Heimat für die nächsten sechs Monate sein.
Ärzte ohne Grenzen (die Pariser Sektion) hat hier ein großes Projekt zur Rehabilitation von Kriegsverletzten aus dem Irak aufgebaut. Ca 250 Patienten werden hier pro Jahr in einer Klinik aufgenommen, operiert (Plastische, orthopädische und Handchirurgie) und in einem Hotel solange nachbetreut (medizinisch, physio- und psychotherapeutisch) bis sie unter den derzeitigen medizinischen Bedingungen im Irak weiterbetreut werden können. Als Nebeninfo: von dem vormals 30 000 Ärzten die im Irak tätig waren haben ca 20 000 das Land verlassen da Kliniken und Ärzte gezielt attackiert wurden.

Einen kleinen Eindruck von dem Projekt kann man hier erhalten:

http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/iraq/article6921975.ece und
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/iraq/article6921944.ece
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/iraq/article6921990.ece und
http://www.timesonline.co.uk/tol/system/topicRoot/Sunday_Times_Children_of_Iraq_A/

Nachdem diese Menschen Schlimmes erfahren haben und auch oft sehr lange von zu Hause fernbleiben müssen (die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei 140 Tagen, manche Patienten sind länger als ein Jahr hier, in einem fremden Land und ohne ihre Familie) werden sie auch psycho-sozial betreut, und das zu organisieren ist meine Arbeit.
Mein Team besteht aus 2 jordanischen Psychologen, 2 "Animateuren" und mir als Supervisor.
Nachdem sich in der letzten Zeit einiges in der Aufgabenverteilung und der Zusammensetzung des Teams geändert hat wird es mein Job die nächsten 6 Monate sein das Team zu reorganisieren sowie die Psychologen und die Animateure aus- bzw weiterzubilden.
Was Animateure sind? Sie sollen, im großen und ganzen dafür sorgen daß die Patienten während ihrem langen Aufenthalt Beschäftigung haben, organisieren also "Indoor" und "Outdoor"-Aktivitäten wie eine kleine Bibliothek, Spiele und Spielrunden bzw -wettstreite, Museumsbesuche etc. und machen einfache Gruppen die die Akzeptanz und den Umgang mit der Verletzung (viele unserer Patienten haben schwere Gesichtsverletzungen) bessern sollen. So gibt es eine "Make Up Gruppe" und eine "Hygienegruppe"

Amman und Jordanien selbst sind ja sicher, man kann hier gut seinen Urlaub verbringen. Wir können uns im Land frei bewegen, natürlich auch mal an den Wochenenden Sightseeing machen.

Im Moment allerdings bin ich ziemlich beschäftigt damit das Projekt erst mal kennenzulernen, da es recht komplex ist.
Außerdem ist das Wetter im Moment recht naß und kalt, aktuell sind es 10°C. Aber es soll besser werden...